KI-Ethik und ihre Regulierung in der EU

Künstliche Intelligenz (KI) ist nicht länger ein Konzept aus Science-Fiction-Filmen – sie ist zu einem bedeutenden Teil unserer Gegenwart geworden. Da KI immer mehr Aspekte unseres Lebens beeinflusst, stehen wir vor neuen und tiefgreifenden Fragen, die sorgfältige Überlegungen erfordern: Welche Jobs sollten durch Technologie ersetzt werden? Wie sollten unsere Rechtssysteme mit autonomen Systemen umgehen? Wie wird sich KI auf die Kriminalität und Cyber Security auswirken? Und so weiter …

Diese Fragen sind jedoch keine theoretischen Gedankenspiele mehr, sondern dringende Bedenken, die durchdachte Antworten erfordern. Trotz des wachsenden Einflusses der KI haben Industrie, Forschung, Gesellschaft, politische Entscheidungsträger und Regierungen oft Schwierigkeiten, diese Herausforderungen effektiv anzugehen. Die Komplexität dieser Probleme ergibt sich aus ihrer beispiellosen Natur – wir bewegen uns auf Neuland, auf dem traditionelle rechtliche Rahmenbedingungen möglicherweise nicht anwendbar sind.

Hier bietet das Fachgebiet der Ethik entscheidende Orientierungshilfen. Durch die Anwendung ethischer Grundsätze und moralischer Überlegungen können wir damit beginnen, Rahmenbedingungen für die Bewertung der Auswirkungen von KI zu entwickeln und fundierte Entscheidungen über ihre Entwicklung und ihren Einsatz zu treffen. Auch wenn wir vielleicht nicht alle Antworten haben, können ethische Überlegungen uns dabei helfen, den technologischen Fortschritt mit menschlichen Werten, Rechten und dem Wohlergehen in Einklang zu bringen.

Was ist Ethik überhaupt?

Der Begriff „Ethik“ stammt vom griechischen Wort „ethos“ ab, das sich auf den Charakter, die leitenden Überzeugungen, Standards und Ideale bezieht, die eine Gruppe, eine Gemeinschaft oder ein Volk durchdringen. Das Oxford Dictionary definiert Ethik als „das moralische Prinzip, das das Verhalten einer Person oder die Art und Weise, wie eine Tätigkeit ausgeführt wird, regelt“ (freie Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche).

Aber was bedeutet das im Hinblick auf die KI-Ethik?

Im Zusammenhang mit KI umreißt Ethik die moralischen Grundsätze und Richtlinien für die Entwicklung und Nutzung von KI-Technologien. Dies umfasst Themen wie:

• Fairness und Nichtdiskriminierung, die sicherstellen, dass KI-Systeme keine Vorurteile bewahren oder eine Gruppe diskriminieren.
• Transparenz und Erklärbarkeit, die KI-Entscheidungen für Benutzer/Interessengruppen verständlich machen.
• Privatsphäre und Datenschutz, der den Schutz personenbezogener Daten gewährleistet, die von KI-Systemen verwendet werden.
• Rechenschaftspflicht, die eine klare Verantwortung für KI-gesteuerte Ergebnisse festlegt.
• und schließlich Sicherheit und Zuverlässigkeit, die dafür sorgen, dass KI-Systeme sicher und wie vorgesehen funktionieren.

Wie ist die KI-Ethik in der EU geregelt?

Die EU ist eine der ersten, die umfassende Regulierungsrahmen geschaffen hat, um sicherzustellen, dass KI-Technologien ethisch einwandfrei entwickelt und eingesetzt werden. Wie wird dies erreicht?

1. Am 01. August 2024 trat die EU Verordnung über künstliche Intelligenz in Kraft, um sicherzustellen, dass KI in der EU ordnungsgemäß eingesetzt wird. Das KI-Gesetz führt einen einheitlichen Rahmen für alle EU-Länder ein, der auf folgendem Ansatz basiert:
   • Risikobasierte Klassifizierung, bei der KI-Systeme nach ihrem Risikograd kategorisiert werden, wobei strengere Vorschriften für ein höheres Risiko gelten.
   • Compliance-Anforderungen, die vorsehen, dass Organisationen bestimmte Standards einhalten müssen, um sicherzustellen, dass ihre KI-Systeme sicher und ethisch vertretbar sind.
   • Menschliche Aufsicht, die die Bedeutung der menschlichen Überwachung und Kontrolle kritischer Entscheidungen, die von KI getroffen werden, unterstreicht.
2. EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):
   • Die seit 2018 geltende DSGVO legt strenge Regeln für den Datenschutz und den Schutz personenbezogener Daten fest, die sich direkt auf KI-Systeme auswirken, die personenbezogene Daten verarbeiten.
   • Sie gibt Einzelpersonen die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten und verpflichtet Organisationen, eine rechtskonforme Verarbeitung sicherzustellen.
3. EU Datenverordnung:
   • Am 11. Januar 2024 in Kraft getreten, fördert die Demokratisierung von Daten. Daten, die von vernetzten Geräten generiert werden, müssen offen zwischen Herstellern, Nutzern und Dritten geteilt werden, um Innovation und Wettbewerb zu fördern.
   • Gibt den Nutzern mehr Kontrolle über ihre Daten. Sie können ihre Daten problemlos zwischen verschiedenen Dienstanbietern transferieren.
   • Die EU will die digitale Wirtschaft anführen und gleichzeitig personenbezogene Daten schützen und Fairness gewährleisten. Dies gilt sowohl für personenbezogene als auch für nicht personenbezogene Daten.
4. EU Daten-Governance-Rechtsakt:
   • Es trat am 23. Juni 2022 in Kraft und zielt darauf ab, die Verfügbarkeit und Wiederverwendung geschützter Daten des öffentlichen Sektors zu verbessern.
   • Es schafft einen Rahmen für Datenanbieter, um den Datenaustausch zu erleichtern und gleichzeitig die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu gewährleisten und letztlich zur Strategie der EU für einen Binnenmarkt für Daten beizutragen.
5. EU Richtlinie über KI-Haftung:
   • Am 28. September 2022 veröffentlicht, mit dem Ziel, einen Rahmen für die außervertragliche zivilrechtliche Haftung in Bezug auf Schäden zu schaffen, die durch KI-Systeme verursacht werden.
   • Sie ist so gestaltet, dass sie mit dem EU-KI-Gesetz zusammenwirkt, um die Rechtssicherheit zu erhöhen. Sie zielt speziell auf Haftungsansprüche ab, die sich aus KI-gestützten Produkten und Dienstleistungen ergeben, die auf dem EU-Markt verfügbar sind.

Aber warum ist das überhaupt von Bedeutung?

Max Tegmark, Physiker und KI-Forscher, Professor am MIT, betont die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI und schreibt in seinem Buch „Life 3.0: being human in the age of artificial intelligence“ (2017): „Die Zukunft der Menschheit wird davon geprägt sein, wie wir mit KI umgehen. Wir müssen sicherstellen, dass KI der Menschheit dient und nicht umgekehrt.“ (freie Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche).

Diese Aussage ist heute aktueller denn je.

Justyna Schweiger – LinkedIn